Physiologische Grundlagen der Thermoregulation
Im Lauf der Evolution haben sich zwei verschiedene Mechanismen zur Steuerung der Körpertemperatur etabliert: Gleichwarme Lebewesen (= endotherme Organismen) wie Säugetiere und Vögel halten ihre Kerntemperatur in engen Grenzen ein Leben lang konstant. Wechselwarme Lebewesen (=exotherme Organismen) wie z.B. Reptilien oder Fische folgen mit Ihrer Körpertemperatur passiv der Umgebungstemperatur. Beide Konzepte der Thermoregulation haben Vor- und Nachteile. Das Kapitel "physiologische Grundlagen der Thermoregulation" vermittelt die wichtigsten Grundlagen der Thermoregulation des Menschen und zeigt auf, durch welche Maßnahmen z.B. der Verhaltensthermoregulation ein effektiver Hitzeschutz möglich ist.
Gleichwarme und wechselwarme Lebewesen
Gleichwarme Lebewesen wie Vögel und Säugetiere können als einzige Organismen ihre Körperkerntemperatur - unabhängig von der Umgebungstemperatur - in engen Grenzen konstant halten. Während die Körperkerntemperatur weitgehend konstant gehalten wird, kann die Schalentemperatur stark schwanken. Insbesondere für die physikalischen Mechanismen der Wärmeübertragung spielt die Temperaturdifferenz zwischen der Umgebungstemperatur und Schalentemperatur eine entscheidende Rolle. Die Kerntemperatur des Menschen beträgt durchschnittlich ca. 37°C, die Schalentemperatur durchschnittlich 32°C. Ein Anstieg der Kerntemperatur von ca. 6°C ist für die meisten gleichwarmen Organismen tödlich. Für den Menschen besteht bei einer Kerntemperatur von 41,6 °C akute Lebensgefahr durch Überhitzung und bei einer Bluttemperatur von 27°C durch Unterkühlung. Wechselwarme Lebewesen akzeptieren größere Temperaturschwankungen deutlich besser und fallen ggf. in eine Kälte- oder Hitzestarre. Das Modul "Gleichwarme und wechselwarme Lebewesen" informiert über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Mechanismen zu Steuerung der Körperkerntemperatur und informiert über kritische Temperaturen und Zeiträume.
Evolution des Menschen
Die Wiege der Menschheit steht in Ostafrika und belegt, dass Menschen aus den Tropen stammen und deshalb sehr viel bessere Anpassungsmechanismen an hohe Temperaturen als an niedrigere Temperaturen besitzen. Ein gesunder und ausreichend mit Wasser und Nahrungsmitteln ausgestatteter Mensch wird sich im Regelfall physiologisch sehr schnell und ausreichend an Hitzeeinwirkung anpassen. Die physiologischen Anpassungen sind dabei meist sehr schnell und können - über den Mechanismus der Hitzeadaptation - langfristig stabilisiert und verbessert werden. Das Modul "Evolution des Menschen" verdeutlicht neben der Entstehung der Hautfarben als Schutz vor UV-Strahlung die vergleichsweise hohe Anpassungsfähigkeit von Menschen an hohe Temperaturen und die vergleichsweise schlechte Anpassungsfähigkeit an niedrige Temperaturen.
Regelkreis der Thermoregulation
Um die Körpertemperatur und insbesondere die Kerntemperatur in engen Grenzen konstant zu halten nutzen Menschen ein komplexes System aus Sensoren und Stellgliedern, das als Regelkreis der Temperaturregulation bezeichnet wird und der Steuerung einer Zentralheizung vergleichbar ist. Im Modul Regelkreis der Temperaturregulation werden die einzelnen Bauteile dieses Systems und ihre Leistungsgrenzen vorgestellt. Neben den physiologischen Mechanismen der Kälte- und Wärmeabwehr wird die Bedeutung der Verhaltensthermoregulation des Menschen und die darauf beruhende Anpassung auch an extreme Temperaturzonen verdeutlicht. Die Kenntnis der wesentlichen Stellglieder im Regelkreis der Thermoregulation ermöglicht es auch, besonders hitzegefährdete Gruppen zu identifizieren und auf der Basis der Kenntnisse Präventionsmaßnahmen zu vorzuschlagen.
Gefährdung durch Hitze oder Kälte
Hochgradige Wärmeeinwirkung kann in Abhängigkeit von weiteren Faktoren insbesondere für empfindliche Menschen gesundheitliche Probleme auslösen. Die Palette der Hitzeschäden reicht von einem Sonnenstich über Hitzekrämpfe und einem Hitzekollaps bis zum Hitzeschlag. Im Modul Gefährdung durch Hitze und Kälte werden nicht nur die unterschiedlichen Symptome der einzelnen gesundheitlichen Probleme aufgezeigt, die für den Hitzeschutz-Beauftragten zur Erkennung von Problemen zwingend notwendig sind, sondern auch auf die Rolle von ergänzenden Faktoren wie z.B. die Einnahme von bestimmten Pharmaka oder besondere Situationen am Arbeitsplatz hingewiesen. Insbesondere bei der Gefährdungsbeurteilung ist es in den Interviews der Beteiligten wichtig mögliche Symptome abzufragen und zu bewerten.